100 Prozent E-Mobilität: Haben wir genug Strom für Elektroautos in Österreich?

100 Prozent E-Mobilität: Haben wir genug Strom für Elektroautos in Österreich?

Wie sähe Österreichs Mobilität rein elektrisch aus? Wir prüfen die E-Mobilität in Österreich und rechnen den Energieverbrauch nach.

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Wie sähe es wohl aus, würde Österreich komplett auf Elektroautos umsteigen? Haben wir dafür genug Strom? Und wieviele Autos gibt es in Österreich, die das beträfe? Wir versuchen ein Gedankenexperiment, wenn alle österreichischen PKW elektrisch betrieben würden und liefern Zahlen und Fakten dazu.

Autos und Stromerzeugung in Österreich: Der Stand der Dinge

In Österreich gibt es rund 5,13 Millionen PKW. Pro Jahr fahren Herr und Frau Österreicher durchschnittlich rund 13.900 Kilometer mit 1,2 Autos. Ungefähr 11.583 Kilometer pro Auto macht das im Schnitt. Das sind gesamt etwa 59,4 Milliarden Kilometer pro Jahr allein in Österreich.

Doch wieviel Strom verbraucht ein E-Auto? Das variiert stark, ein winziger Renault Twizy 45 verbraucht laut Herstellerangaben lediglich 6,3 kWh pro 100 km, ein fetter BMW iX xDrive50 dagegen bis zu 23 kWh. Der durchschnittliche Verbrauch eines E-Autos liegt im Moment bei rund 15 kWh für 100 Kilometer, also 150 Wh pro Kilometer. Die Tendenz geht nach unten.

Würden von heute auf morgen in Österreich alle Autos auf E-Autos umgestellt, würden diese also etwa 8,9 Terawattstunden (TWh) in einem Jahr benötigen, um die gleiche Kilometeranzahl zu bewältigen. Eventuell etwas weniger, da ein kleiner Teil dieser Autos (rund 76.5000 E-PKW) ja bereits elektrisch fährt und somit doppelt zum Energiehaushalt dazugezählt würde - aber das sind kleine Unschärfen, die wir für unser Rechenbeispiel ausblenden können.

Wieviel Kraftwerke wären für reine E-Mobilität nötig?

Wieviel Leistung bringt denn ein Kraftwerk? Das größte österreichische Kraftwerk ist das Kraftwerk Simmering. Hier können aus verschiedensten Energieformen etwa 3,7 TWh Strom erzeugt werden, eine riesige Menge, die in der Lage ist rund 800.000 Haushalte zu versorgen. Doch ganz im Sinne der Energiewende ist das nicht, darum entscheiden wir uns in unserem Gedankenspiel für das Laufkraftwerk Altenwörth, das etwa 2 TWh Leistung aus erneuerbarer Wasserkraft bringt. Für 8,9 Terawattstunden Steigerung benötigen wir also fünf (rechnerisch 4,45 - aber halbe Kraftwerke bauen sich nur schlecht) gleichwertige Kraftwerke. Doch Halt!

Dies muss mit dem Treibstoff gegengerechnet werden, denn Verbrenner benötigen Benzin oder Diesel. Dieser wächst nicht auf Bäumen, sondern muss in Raffinerien erzeugt werden und dies verbraucht auch Strom. Aus den Daten des Jahresberichts des Mineralölwirtschaftsverbands ergibt sich für 1 Liter Kraftstoff ein Energiebedarf von rund 1,6 kWh. Durchschnittlich verbraucht ein PKW rund 7,7 Liter Benzin oder 7 Liter Diesel pro 100 Kilometer - wir rechnen also mit einem Mittelwert von 7,35 Liter auf 100 Kilometer. Das ergibt einen Energiebedarf von 117 Wh pro Kilometer.

Damit sind wir vom Elektroauto nicht weit entfernt. Der Gesamtenergieverbrauch liegt mit Verbrennern bei etwa 7 TWh . Wenn wir diese Energieleistung vom Gesamtverbrauch der Elektroautos abziehen, bleiben nur 1,9 TWh an Mehrverbrauch. Oder ein weiteres Kraftwerk mit der Leistung des Kraftwerks Altenwörth.

Doch da vergessen wir noch etwas. Nicht hineingerechnet sind hier die extremen Mengen an Energie, die in der Erdölförderung, dem Transport des Rohöls und dem Energieaufwand für den Transport zur Tankstelle benötigt werden. Hier sind extrem viele Faktoren zu berücksichtigen, von der extrem energieaufwändigen Bohrung bis zum Strom für die Pumpe an der Tankstelle. Für unser Gedankenexperiment müssen wir diese hohen Energiefaktoren aber leider unberücksichtigt lassen, da sie nur schwer zu fassen sind. Schätzungen geben aber an, dass man hier mit einem Verbrauch von rund 7 kW statt 1,6 kW pro Liter Treibstoff rechnen müsste.

In diesem Fall bliebe uns also viel Energie über, wenn wir auf Elektroautos umsteigen. Wenn diese Energiemassen auch hoch sind - die Erdölproduktion belastet den Energiehaushalt vor allem in anderen Staaten. Um für den Vergleich auf Österreich begrenzt zu bleiben, und um mit sicheren Zahlen zu rechnen, vergleichen wir also nur den Energieaufwand für Treibstoff in den Raffinerien mit dem Stromtanken der E-Autos.

Stromproduktion in Österreich

Die gesamte Stromproduktion in Österreich lag im Jahr 2021 bei rund 72,3 Terawattstunden (TWh). Somit scheint der zusätzliche Aufwand von 1,9 TWh äußerst verkraftbar?

Ein großer Anteil unserer Energie, nämlich über 60 Prozent, wird aus den verlässlichen österreichischen Wasserkraftwerken bezogen. Und dabei laufen diese nie auf vollem Betrieb, sondern wie das größte Speicherkraftwerk Malta (es liegt trotz des Namens in Kärnten) mit einer Auslastung von 11 Prozent und das größte Laufkraftwerk Altenwörth mit 68 Prozent Auslastung. Rund hundert große und tausende kleine Wasserkraftwerke sorgen für eine stabile Grundversorgung. Von allen erneuerbaren Energiequellen unterliegt die Wasserkraft den wenigsten Schwankungen und ist weitgehend unabhängig von Wetter oder Jahreszeit. Dazu kommen etwa zehn Prozent aus Windenergie und drei aus Photovoltaik. Der Ausbau der letzteren erhöht die produzierbare Menge an Strom, ist aber leider auch witterungsabhängig.

Um das österreichische Stromnetz auch bei größeren Schwankungen und bei ungünstigen Wetterbedingungen zuverlässig zu halten, gibt es außerdem thermische Kraftwerke. Diese werden mit fossilen Brennstoffen betrieben und sind im Betrieb relativ teuer. Da sie aber jederzeit schnell gestartet werden können bilden sie ein wesentliches Element bei der Sicherung unserer Stromversorgung und der Abfederung von Bedarfsschwankungen. Zusätzlich muss aber auch Strom importiert werden, 2021 belief sich dies auf etwa 26,44 Terawattstunden Strom aus dem Ausland. Gleichzeitig wurde aber auch Strom ans Ausland verkauft. Gegengerechnet machen die Nettostromimporte Österreichs daher rund 7,5 TWh aus.

Österreich versorgt sich selbst zu rund 75 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Quellen - das ist eine sehr beachtliche Leistung, die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen braucht.

Bis 2030 hat sich Österreich das Ziel gesetzt den Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Dafür benötigen wir rund 27 TWh Strom aus erneuerbaren Quellen. Am stärksten soll hierbei die Solarenergie mit 11 TWh ausgebaut werden, gefolgt von Wind mit 10 TWh, Wasserkraft mit 5 TWh und Biomasse mit einer zusätzlichen Terawattstunde. Das bringt zusätzlichen Druck für die mobile Energiewende.

Tatsächlich ist die Strombelastung in Österreich, so wie in ganz Europa auch, aber leider auch ohne viele Elektroautos angespannt. Immerhin müssen wir Strom importieren, damit uns in Spitzenzeiten genug zur Verfügung steht. Übertriebene Sorgen müssen wir uns allerdings auch nicht machen, denn die Versorgung ist gesichert. Das größte Problem für die Stromnetze sind die immer stärker werdenden Schwankungen der Auslastung. Strom muss nämlich in dem Moment verbraucht werden, in dem er erzeugt wird.

Mehr Investitionen für mehr Infrastruktur

Um die landesweite Stromerzeugung um 1,9 Gigawattstunden zu erhöhen bedarf es Investitionen. Dies betrifft nicht nur den Ausbau von Stromerzeugern wie Kraftwerken, sondern auch verstärkte Leitungen, damit zum Beispiel Windenergie aus Niederösterreich effizient nach Tirol geschickt werden kann. Denn Strom muss immer dann erzeugt werden, wo und vor allem wenn der Bedarf da ist. Da es in Zukunft immer schwieriger wird die Grundlast und den schwankenden Energiebedarf abzudecken, sind vor allem neue Speicherlösungen gefragt.

Elektrische Energie kann im Moment noch nicht in großen Mengen gespeichert werden. So muss in jedem Moment immer genau die Menge Strom erzeugt werden, die auch gerade verbraucht wird. Durch die schwankende Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wird es künftig aber immer öfter Zeiten geben, in denen es deutlich zu wenig oder zu viel Strom gibt. Dadurch geraten die Netze unter Druck und die Gefahr einer lokalen Netzüberlastung steigt. Im schlimmsten Fall sogar bis zum großflächigen Stromausfall, dem sogenannten Blackout.

Dabei wären die Speicher- und Pufferkapazitäten von E-Autos jetzt schon Fluch und Segen zugleich. Denn einerseits belasten sie zwar die Netze zusätzlich, doch andererseits können sie Energie dann aufnehmen, wenn es sowieso schon zu viel gibt. Auch gibt es zunehmend Überlegungen alte E-Auto-Akkus, die für permanente Fahrbelastung nicht mehr geeignet sind, aber noch über 60 Prozent Leistung aufweisen, als Speicherstätten zu nutzen.

In Österreich sind vor allem die vielen Wasserkraftwerke von Vorteil, denn Laufkraftwerke können rund um die Uhr Strom generieren; doch mit den Speicherkraftwerken kann Energie gespeichert werden, um den Strom dann bereitzustellen, wenn er benötigt wird. Ist ein Stromüberschuss vorhanden, kann die Energie dazu genutzt werden die Speicherseen wieder aufzufüllen. Gibt es zu wenig Strom kann die gespeicherte Energie sehr schnell in Elektrizität umgewandelt werden. Das Problem ist aber, dass diese Speicheranlagen mit den riesigen Speicherseen viel Platz benötigen. Zudem haben wir das Problem, dass mit dem Klimawandel auch eine starke Trockenheit die Speicherseen bedroht. Eine Alternative sind thermische Kraftwerke, doch deren CO2-Abdruck ist sehr hoch, was sie leider extrem umweltschädlich macht.

Auch Wärmekraftwerke, die Erdwärme zur Stromerzeugung nutzen, wären eine Möglichkeit: die sogenannte Geothermie. Aufgrund der geringen Gas- und Ölpreise wurde der Bau von Erdwärmeanlagen lange Zeit als uninteressant eingestuft. Der Bau einer Erdwärmekraft-Anlage ist teuer, in der Instandhaltung dafür günstig. Ein Problem stellt allerdings die Möglichkeit von Sachschäden durch Erdbeben dar, die durch die nötigen Bohrungen entstehen können.

Ist die mobile Energiewende möglich?

Ja, das ist sie durchaus. Wir könnten “relativ einfach” auf E-Mobilität umsteigen, denn das Plus an Strom, das Elektroautos verbrauchen, ist bei weitem nicht so groß, wie gedacht. Global gesehen sparen wir uns ohne Treibstoffproduktion sogar eine Menge Energie.

Das Elektroauto bietet zudem noch andere Vorteile: Es werden weder CO2 noch andere Treibhausgase ausgestoßen, während ein Verbrenner zwischen rund 100 und 140 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft bläst. Sie werden in Zukunft wohl auch als Speicherpuffer dienen können, um Stromerzeugungsspitzen abzufedern. Die Lärmbelastung vor allem in den Städten sinkt mit den leisen Elektromobilen deutlich. Dazu kommt, dass wir den Anfang der Entwicklung der E-Autos erleben, und die weitere Forschung sie in den nächsten Jahren noch wesentlich energieeffizienter machen wird.

( Zuletzt aktualisiert: 22.05.2023. Ursprünglich veröffentlicht: 11.01.2023 )

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Über die Autorin
Geschrieben von Mag. Victoria Breitsprecher, MA
Mag. Victoria Breitsprecher, MA
Victoria ist technische Redakteurin bei tarife.at. Sie bringt hochkomplizierte, technische Begriffe in eine verständliche Sprache. Unterstützung bekommt die Technik-Liebhaberin von ihrem Büro-Hund, Herr Baron 🐶.

Häufige Fragen zum Thema 100 Prozent E-Mobilität: Haben wir genug Strom für Elektroautos in Österreich?

Die gesamte Stromproduktion in Österreich lag im Jahr 2021 bei rund 72,3 Terawattstunden (TWh).


In Österreich gibt es rund 5,13 Millionen PKW. Pro Jahr fahren Herr und Frau Österreicher durchschnittlich rund 13.900 Kilometer mit 1,2 Autos. Ungefähr 11.583 Kilometer pro Auto macht das im Schnitt. Das sind gesamt etwa 59,4 Milliarden Kilometer pro Jahr allein in Österreich.


Würden von heute auf morgen in Österreich alle Autos auf E-Autos umgestellt, würden diese also etwa 8,9 Terawattstunden (TWh) in einem Jahr benötigen. Der Gesamtenergieverbrauch für Benzin und Diesel, für deren Erzeugung auch Strom verbraucht wird, liegt bei etwa 7 TWh. Wenn wir diese Energieleistung vom Gesamtverbrauch der Elektroautos abziehen, bleiben nur 1,9 TWh an Mehrverbrauch. Diese Energie wäre durch ein weiteres Laufkraftwerk in der Größe von Altenwörth gedeckt, das etwa 2 TWh Leistung aus erneuerbarer Wasserkraft erzeugt. Nicht hineingerechnet sind hier die extremen Mengen an Energie, die in der Erdölförderung, dem Transport des Rohöls und dem Energieaufwand für den Transport zur Tankstelle benötigt werden. In diesem Fall bliebe uns sogar viel Energie über, wenn wir auf Elektroautos umsteigen.


Wieviel Strom ein E-Auto verbraucht variiert stark: Ein Fiat 500e verbraucht laut Herstellerangaben lediglich 13 kWh pro 100 km, ein fetter Mercedes-Benz EQS 450+ schluckt für die gleiche Strecke hingegen 16 KWh. Der durchschnittliche Verbrauch eines E-Autos liegt im Moment bei rund 15 kWh für 100 Kilometer, also 150 Wh pro Kilometer. Die Tendenz geht nach unten. Die Gesetze der Physik gelten für E-Autos wie Verbrenner gleichermaßen: Je größer und schwerer das Auto, desto mehr Energie benötigt es, um beschleunigt zu werden.


Der Citroen e-C4 benötigt relativ durchschnittliche 15,3 kWh und dient uns daher als ideales Rechenbeispiel für eine Elektro-Familienkutsche. 2021 lag der durchschnittliche Strompreis in Österreich für 1 KWh bei 22,85c, 2022 explodierte er auf 37,12c. Durchschnittlich werden in Österreich mittels Auto pro Jahr rund 13.900 Kilometer zurückgelegt.

2021 zahlte man für 100 Kilometer also 3,50 Euro, 2022 dagegen 5,68 Euro im Citroen e-C4. Der e-C4 verfügt über eine Maximalreichweite von 354 km, demnach kostete ein voller Tank, pardon, eine Komplettladung 12,39 Euro (2021) bzw. 20,11 Euro (2022).

Zum Vergleich, der C4 als Benziner kommt mit seinem 50l-Tank rund 943 km weit, er schluckt durchschnittlich 5,3 Liter auf 100 km. Für einen vollen Tank bezahlt man derzeit 78,5 Euro (Stand Jänner 2023, Eurosuper 1,57 Euro/l), sodass 100 km auf 8,32 Euro kommen.